Wann hat der Zuwendungsempfänger Kontakt mit dem Vergaberecht in der Förderung?
von Michael Pilarski
Dass das öffentliche Vergaberecht eine große Rolle in der Förderung spielen kann, ist den meisten Zuwendungsempfängern mittlerweile bekannt. Nicht ganz klar ist vielen dennoch, wann und in welchem Umfang das Vergaberecht im zeitlichen Verlauf der Förderabwicklung zwischen der Förderberatung und Verwendungsnachweisprüfung relevant werden kann. Immer noch begegnet man Zuwendungsempfängern, die erst im Verwendungsnachweisverfahren durch die Beanstandung des Zuwendungsgebers darauf gestoßen werden, dass sie eine Vergabepflicht im Zuwendungsverhältnis trifft.
Umso wichtiger ist es also, sich der unterschiedlichen Zeitpunkte im Verlauf der Förderung bewusst zu werden, in denen man als Zuwendungsempfänger regelmäßig schon mit dem Vergaberecht in Berührung kommt, um sich auf die Anforderungen bestmöglich einzustellen.
I. Förderberatung
Die Förderung beginnt genau genommen regelmäßig schon mit der Förderidee des Antragstellers und potenziellen Zuwendungsempfängers. Um in der breiten und vielfältigen Förderlandschaft herauszufiltern, welche Förderprogramme bzw. Förderrichtlinien konkret in Betracht kommen, können sich künftige Antragsteller mit einer Förderidee an Förderberater wenden. Gute Förderberater weisen künftige Zuwendungsempfänger bereits im Rahmen der Beratung darauf hin, dass diese sich bewusst sein müssen, dass im Falle der positiven Bescheidung ihres Förderantrags mit dem Förderbescheid eine Vergabeauflage zum Gegenstand des Zuwendungsverhältnisses gemacht wird. Das heißt, eine grundsätzliche Verpflichtung zur Einhaltung des Vergaberechts kann bereits vor Erlass des Förderbescheids bestehen. Da im Rahmen der Planung für das zu fördernde Vorhaben zuweilen bereits Beschaffungen und damit verbundene Ausgaben getätigt werden müssen, muss diesen Verpflichtungen seitens der Antragsteller Genüge getan werden. Gleichzeitig ist zwingend darauf zu achten, dass die Zuschlagserteilung im Vergabeverfahren den Vertragsschluss darstellt, sodass durch den Zuschlag ein vorzeitiger Vorhabenbeginn verursacht werden kann. Auch dieser ist zu vermeiden, weil er zu einer Ablehnung des Förderantrags bzw. zur vollständigen Rücknahme des Förderbescheid sowie zur Rückforderung führen kann.
II. Mittelanforderungen
Wenn dann im besten Fall ein Förderbescheid erlassen ist, begegnet der Zuwendungsempfänger erstmalig "schwarz auf weiß" der Vergabeauflage, die in diesen Bescheid aufgenommen worden ist oder zumindest in den Allgemeinen Nebenbestimmungen (ANBest) steht. Da in diesem zeitlichen Stadium des geförderten Vorhabens bereits Beschaffungen und Ausgaben getätigt werden, müssen diese beim Zuwendungsgeber eingereicht werden. Das geschieht in Gestalt eines Mittelabrufs bzw. einer Mittelanforderung. An dieser Stelle werden diejenigen Ausgaben, die vergaberechtlich relevant sind, durch den Zuwendungsgeber geprüft. Es wird daher die Einhaltung des beauflagten Vergaberechts, regemäßig bereits sehr tiefgehend, überprüft.
Kommt es hier zu Beanstandungen durch die Zuwendungsgeber, werden die betroffenen Ausgabeneinheiten von der Förderung ausgeschlossen. Eine entsprechende (vorläufige) Auszahlung der Mittel kann nicht erfolgen. Das ist umso ärgerlich, da der Zuwendungsempfänger die Mittel grundsätzlich verauslagt und sodann vom Zuwendungsgeber im Rahmen des Erstattungsprinzips nur dann erstattet erhält, soweit keine Vergabefehler unterlaufen sind. Bei Beanstandungen ist der Zuwendungsempfänger in der Situation, die Ausgaben erst später in weiteren Mittelabrufen oder im Verwendungsnachweis nachzureichen, wodurch ihm zumindest zwischendurch nicht unerhebliche Liquiditätsmittel nicht zur Verfügung stehen können.
III. Zwischennachweis
Im Rahmen von Zwischennachweisverfahren werden grundsätzlich keine tiefgehenden Prüfungen mehr, insbesondere keine vergaberechtlicher Art, bei Zuwendungsgebern durchgeführt. Es verbleibt oftmals bei schlichten zahlenmäßigen Plausibilitätsprüfungen. Vergaberechtlich muss der Zuwendungsempfänger an dieser Stelle grundsätzlich zumindest keine Dokumentationen vorlegen, die der Zuwendungsgeber prüft.
IV. Verwendungsnachweis
Das Verwendungsnachweisverfahren ist im Hinblick auf die Einhaltung des Vergaberechts aus der Vergabeauflage der wichtigste Meilenstein für die Zuwendungsempfänger. Denn im Verwendungsnachweisverfahren muss der Zuwendungsempfänger seinen Verwendungsnachweis für das geförderte Vorhaben fristgerecht einreichen, wozu auch ein Nachweis bzw. eine Dokumentation aller vergaberechtlich relevanten Ausgaben gehört. Der Unterschied zur vorläufigen Prüfung im Mittelabrufverfahren ist, dass das Verwendungsnachweisverfahren mit einem rechtlich verbindlichen, die Bewilligung endgültig festsetzenden Verwendungsbescheid endet. Im besten Fall sind die in den Mittelabrufen eingereichten vergaberechtlich relevanten Ausgaben bereits derart gut und richtig dokumentiert worden, dass im Verwendungsnachweisverfahren lediglich ein Abgleich erfolgt und die vorläufigen Ergebnisse der Mittelabrufprüfungen unter ihrer Bezugnahme rechtlich verbindlich festgesetzt werden. Regelmäßig kommt es aber auch vor, dass im Verwendungsnachweisverfahren Ausgaben, die in den Mittelabrufen wegen vergaberechtlicher Beanstandungen gekürzt worden sind und daher erneut eingereicht und geprüft werden.
Kommt es zu vergaberechtlichen Kürzungen, werden die betroffenen Ausgabeneinheiten von der Förderung ausgeschlossen. Je nach dem, ob die förderbankspezifische oder länderspezifische Ermessensleitlinien oder die von der EU-Kommission erstellten COCOF-Leitlinien Anwendung finden, kommt es entweder zu vollständigen Ausschlüssen von Ausgabeneinheiten oder aber zu prozentualen Kürzungen. Diese werden in einem Verwendungsbescheid festgesetzt. Je nach Gestaltung wird der ursprüngliche Bewilligungsbescheid bei endgültigem Charakter dann entweder nach § 49 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 VwVfG wegen Auflageverstößen widerrufen oder aber bei vorläufigem Charakter durch einen Schlussbescheid wegen des entsprechenden Vorbehalts ersetzt.
V. Widerspruchsverfahren
Gegen die Schlussbescheide ist in einigen Bundesländern noch das Vorverfahren bzw. Widerspruchsverfahren statthaft. Das heißt, gegen den Schlussbescheid ist frist- und formgerecht innerhalb eines Monats seit Zugang ein Widerspruch zu erheben. Daraufhin überprüft der Zuwendungsgeber den Bescheid erneut auf seine Recht- und Zweckmäßigkeit. Das heißt, insbesondere bei Einreichung einer Widerspruchsbegründung durch den Zuwendungsempfänger sind insbesondere die vergaberechtlichen Beanstandungen erneut zu überprüfen. Soweit dem Zuwendungsgeber die Begründungen und Dokumentationen ausreichen, kann ein Abhilfebescheid durch den Zuwendungsgeber erlassen werden. Soweit die Beanstandungen nicht ausgeräumt werden können, ergeht eine Widerspruchsbescheid, der im Ergebnis die vergaberechtlichen Beanstandungen im Schlussbescheid bestätigt. Soweit ein Vorverfahren bzw. ein Widerspruchsverfahren nicht statthaft ist, weil bspw. die Landesjustizgesetze kein solches für den Förderbereich vorsehen, muss der Zuwendungsempfänger direkt eine Klage einreichen.
VI. Verwaltungsgerichtliches Verfahren
Ist der Zuwendungsempfänger mit der Entscheidung des Zuwendungsgebers in Bezug auf die vergaberechtlichen Beanstandungen nicht einverstanden und vertritt eine andere Auffassung, so muss er innerhalb eines Monats nach Zustellung der Widerspruchsbescheids form- und fristgerecht Klage beim Verwaltungsgericht einreichen. In diesem Zeitpunkt ist zu beachten, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung im Förderverfahren grundsätzlich derjenige der letzten behördlichen Entscheidung ist. Das heißt, vollständig neue vergaberechtliche Begründungen oder Dokumentationen können im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Hinblick auf die Einhaltung des Vergaberechts aus der Auflage nicht mehr nachgereicht werden. Sie werden von den Gerichten grundsätzlich nicht mehr berücksichtigt.
VII. Fazit
Die Zuwendungsempfänger müssen sich zwingend der Zeitpunkte bewusst sein, in denen sie mit dem Vergaberecht im Verlauf der Förderung in Kontakt kommen. Nur so wird gewährleistet, dass Prozesse und Abläufe implementiert, rechtzeitig vergaberechtlich relevante Dokumente bereitgehalten werden und Maßnahmen ergriffen werden, die Vergabefehler möglichst schon vermeiden oder sie zumindest im Falle von Beanstandungen ausräumen können.